Das Wort auf der Goldwaage

 

Worte sind der Trägerstoff für beinahe alles, was uns mit der Welt verbindet. Mit ihnen können wir Liebe und Hass ausdrücken, die Wahrheit sprechen oder lügen. Wir können Geschichten lebendig werden lassen, die wir erlebt oder uns ausgedacht habe, können verführen, überzeugen, Zwietracht sähen oder Frieden stiften. Auch die Psychoanalyse wird erst durch das Wort zu einem Vorgang, der über die Sprache hinaus Gefühle erreicht. Diese entstammen einem verborgenen Bereich, nämlich dem Unbewussten. Das Unbewusste äußert sich in vielerlei Gestalt. So spricht der Körper durch Symptome, und konkrete Handlungen, spontane Inszenierungen oder Träume können vielsagend sein, ohne dass sie auf den ersten Blick Erklärungen bereithielten. Erst wenn es gelingt, das Nonverbale möglichst punktgenau auf den Begriff zu bringen, ist Erkenntnis möglich. Das kann eine beglückende Erfahrung sein, aber auch eine beunruhigende.

Seit ich denken (und vor allem lesen) kann, schärft die Literatur meine Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Worte; ebenso wie meine langjährige Arbeit als Analytikerin es tat. Aus diesen facettenreichen Erfahrungen sind im Laufe der Zeit fachspezifische, aber auch die Psychoanalyse nur am Rande streifende Texte entstanden, denen bestimmte Fragestellungen oder Beobachtungen zugrunde liegen. Meistens knüpfen sie an Reales, tatsächlich Passiertes an, zuweilen mäandern sie aber auch darüber hinaus. Immer aber gilt: Alle darin vorkommenden Personen wurden von mir sorgfältig anonymisiert und treten in den Texten zum Schutz ihrer Persönlichkeit nicht mit ihrer wahren Identität auf.

Foto: Anthony Hill